Parodontitis

Was ist Parodontitis?

Der menschliche Mund beherbergt von Natur aus eine Vielzahl von Bakterien und Hefepilzen, die Teil der sogenannten Mundflora sind. Diese Mundflora dient dazu, schädliche Keime abzuwehren und die Mundgesundheit zu schützen. Allerdings können bestimmte Faktoren dazu führen, dass sich krankheitserregende Bakterien in vorhandenen Belägen vermehren, die wiederum verschiedene Krankheiten auslösen oder begünstigen können.

Unter diesen Erkrankungen nimmt die Parodontitis eine prominente Rolle ein und ist mittlerweile die Hauptursache für den Zahnverlust bei Erwachsenen, wobei sie die Karies abgelöst hat.

Sharon Eiffler

Medizinisch geprüfte Inhalte

Sharon Eiffler
Dentalhygienikerin (DH)

Ursachen & Risikofaktoren

Die Entstehung einer Parodontitis ist eng mit der Anhäufung von bakteriellem Zahnbelag, auch als Biofilm oder Plaque bezeichnet, verbunden. Dieser bildet sich vor allem entlang des Zahnfleischrands und zwischen den Zähnen. 

Die Bakterien im Biofilm vermehren sich und können sich dauerhaft festsetzen, sofern sie nicht täglich gründlich entfernt werden. Diese Bakterien produzieren Toxine, die eine Abwehrreaktion des Immunsystems auslösen. Die daraus resultierende Entzündung führt zu einer vermehrten Durchblutung des Zahnfleischs, was zu einer Schwellung und rötlichen Verfärbung führen kann.

Während einfache Zahnfleischentzündungen (Gingivitiden) normalerweise innerhalb weniger Tage von selbst abklingen oder durch professionelle Zahnreinigungen behandelt werden können, kann sich die Situation verschlimmern, wenn der Biofilm bestehen bleibt. Die Entzündung kann dann auf tiefere Bereiche des Zahnhalteapparates übergreifen, was den Verlust der Verbindung zwischen Zahnfleisch und Zahn zur Folge hat. Aus einer anfänglichen Gingivitis kann somit eine Parodontitis werden.

Studien haben gezeigt, dass genetische Faktoren eine Rolle bei der Anfälligkeit für übermäßige Entzündungsreaktionen des Immunsystems und somit bei der Entstehung einer Parodontitis spielen können.

Scharon Eiffler von MED:SMILE

"Parodontitis beginnt oft als "einfache" Zahnfleischentzündung, bekannt als Gingivitis. Jedoch kann sich die Entzündung im Laufe der Zeit vertiefen und die anderen Bestandteile des Zahnhalteapparates betreffen. Dies kann zu schweren und irreversiblen Schäden an den betroffenen Geweben führen. 

Parodontitis kann einzelne Zähne betreffen, sich aber auch auf mehrere Zähne ausbreiten. Unbehandelt kann sie erhebliche Auswirkungen auf die Mund- und Allgemeingesundheit haben und sogar zu Zahnverlust führen."

– Sharon Eiffler, Dentalhygienikerin (DH)

Risikofaktoren der Parodontitis

  • Stress: Chronischer Stress kann das Immunsystem beeinträchtigen und die Entzündungsreaktionen im Körper verstärken, was die Progression einer Parodontitis begünstigen kann.
  • Rauchen: Rauchen ist ein bedeutsamer Risikofaktor für die Entwicklung von Parodontitis. Tabakkonsum reduziert die Durchblutung des Gewebes und schafft somit optimale Bedingungen für eine Verschiebung des mikrobiellen Gleichgewichts in der Zahnfleischtasche. Ebenso wird das Immunsystem geschwächt, was die Entzündungsreaktionen verschlimmern kann.
  • Diabetes: Unerkannter oder schlecht eingestellter Typ-2-Diabetes erhöht das Risiko für Entzündungen und beeinträchtigt die Durchblutung, was die Anfälligkeit für Parodontitis steigern kann. Ebenso beschleunigt er das Voranschreiten der Erkrankung.
  • Hormonelle Veränderungen: Hormonelle Schwankungen, wie sie während der Schwangerschaft oder Menopause auftreten, können das Zahnfleisch empfindlicher für Entzündungen machen.

Die Kenntnis dieser Ursachen und Risikofaktoren ist entscheidend, um das Risiko einer Parodontitis zu minimieren. Regelmäßige Zahnarztbesuche, eine gründliche Mundhygiene und ein gesunder Lebensstil können dazu beitragen, die Mundgesundheit zu erhalten und die Entwicklung einer Parodontitis zu verhindern.

Diagnose & Untersuchung

Die Diagnose und Untersuchung von Parodontitis ist ein wichtiger Schritt, um den Zustand des Zahnhalteapparates zu beurteilen und die richtige Behandlung festzulegen. Hier sind die Schritte, die während der Untersuchung durchgeführt werden:

  • Inspektion des Zahnfleischs: Der Zahnarzt beginnt mit einer visuellen Inspektion des Zahnfleischs. 
  • Sondieren: Der Zahnarzt verwendet eine Sonde, ein feines Instrument mit abgerundetem Ende und einer Millimeterskala, um die Tiefe von Zahnfleischtaschen zu messen. Eine Taschentiefe von 3,5 mm oder mehr kann auf eine Parodontitis hinweisen. 
  • Parodontaler Screening-Index (PSI): Hierbei werden definierte Punkte vermessen, um den Zustand des Zahnfleischs einzuschätzen.
  • Sulcus-Blutungs-Index (SBI): Dieser Index bewertet die Blutungsneigung des Zahnfleisches, wenn es mit der Sonde berührt wird. Er kann Rückschlüsse auf die Entzündung geben.
  • BOP (Bleeding on Probing): Vermerken der Blutungsneigung beim Vermessen der Zahnfleischtasche mit der Messsonde. Gibt Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit eines Entzündungsprozesses in der Zahnfleischtasche.
  • Papillen-Blutungs-Index (PBI): Dieser Index misst die Blutung im Bereich des Zahnfleisches zwischen den Zähnen.

Parodontitis erkennen

Die Erkennung einer Parodontitis kann sich als herausfordernd erweisen, da sie in ihren frühen Stadien oft keine deutlichen Schmerzen oder offensichtlichen Beschwerden verursacht. Regelmäßige Zahnarztbesuche sind daher von entscheidender Bedeutung für die frühzeitige Erkennung. Dennoch gibt es Anzeichen, auf die man achten sollte:

MFA bei der Entfernung von Belägen mit zahnmedizinischen Geräten bei einer Patientin auf Behandlungsstuhl im Rahmen einer Parodontitis-Behandlung.

Symptome

  • Geschwollenes, gerötetes Zahnfleisch
  • Blutendes Zahnfleisch, besonders beim Zähneputzen oder Zahnseidenbenutzung
  • Stellungsveränderungen der Zähne
  • Mundgeruch

Diese Anzeichen sind jedoch nicht immer eindeutig oder treten möglicherweise erst spät auf.

Im fortgeschrittenen Stadium können sich die Symptome verschlimmern und Schäden im Zahnhalteapparat, einschließlich des Kieferknochens, verursachen. Dies führt zur Bildung von Zahnfleischtaschen, die sich nicht effektiv durch übliche Mundhygienemaßnahmen reinigen lassen. Bakterien, Toxine und Biofilm vermehren sich in diesen Taschen und können zu tieferen Schäden führen. Dieser Prozess kann zur Lockerung und letztlich zum Verlust von Zähnen führen.

ℹ️ HINWEIS: Es ist auch wichtig zu beachten, dass Bakterien und Toxine aus den entzündeten Bereichen des Mundes in den Blutkreislauf gelangen können. Dies kann zu Gesundheitsproblemen in anderen Körperbereichen führen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder bei schwangeren Frauen zu einem erhöhten Risiko für Frühgeburten oder niedrigem Geburtsgewicht.

Behandlungsablauf

Während bei einer “einfachen” Zahnfleischentzündung professionelle Zahnreinigungen eine Heilung versprechen, kann eine Parodontitis nur am Voranschreiten gehindert werden. Der Behandlungsablauf bei einer Parodontitis-Behandlung umfasst mehrere Schritte, die darauf abzielen, die Entzündung zu stoppen, den Zahnhalteapparat zu stabilisieren und das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern.

Untersuchung von Zähnen einer Patientin mit Dentalspiegel

Konventionelle Therapie bei Parodontitis

Um die Erkrankung zum Stillstand zu bringen, ist eine konsequente Behandlung der Zahnfleischtaschen von Nöten. Hierbei werden mithilfe moderner Verfahren, wie zum Beispiel Ultraschall, Bakterien und damit einhergehende Beläge gründlich und schonend entfernt.

Zudem können je nach Schweregrad und Ausgangssituation verschiedene Verfahren zur Unterstützung der konventionellen Therapie zum Einsatz kommen:

  • Regeneratives Verfahren mit vernetzter Hyaluronsäure: Bei dem regenerativen Verfahren mit vernetzter Hyaluronsäure der Firma Regedent handelt es sich um ein unterstützendes, regenerative Prozesse förderndes Verfahren, bei dem tiefe Zahnfleischtaschen / parodontale Defekte zunächst mit einem Reinigungsgel gereinigt und anschließend mit vernetzter Hyaluronsäure versiegelt werden. Dadurch werden die Heilungsprozesse unterstützt und es kann häufig eine deutliche Verbesserung der klinischen Situation auch bei sehr stark betroffenen Zähnen erreicht werden. 
  • Schmelz-Matrix Proteinen: Die Verwendung von Schmelz-Matrix-Proteinen der Firma Straumann in der nicht-chirurgischen Anwendung ist ebenfalls ein Verfahren zur Beschleunigung und Verbesserung der Wundheilung. Das Verfahren verhindert eine Rückbildung (Rezession) des Weichgewebes bei gleichzeitiger Wundheilung.

 

Parodontalchirurgie

Die Parodontalchirurgie zielt darauf ab, geschädigten Kieferknochen wieder aufzubauen, und verwendet Techniken wie die Gesteuerte Knochenregeneration (Guided Bone Regeneration, GBR)

Bei dieser Methode wird fehlendes Knochengewebe im Kiefer durch eigenes Gewebe oder Ersatzmaterial ersetzt, unterstützt von einer umschließenden Membran, die oft aus Kollagen besteht. Diese Membran verhindert, dass das Zahnfleisch in den Bereich einwächst, in dem der Knochen wiederaufgebaut wird. So erhält der Knochen wieder Halt.

Ähnlich funktioniert die Gesteuerte Geweberegeneration (Guided Tissue Regeneration, GTR), die sowohl hartes als auch "weiches" Gewebe wiederherstellt. In manchen Fällen ist bei Zahnfleischrückgang eine Zahnfleischtransplantation möglich, um ästhetische Probleme und Kariesanfälligkeit zu beheben. 

Bei Kronen werden chirurgische Kronenverlängerungen durchgeführt, um ausreichenden Abstand zum Kieferknochen zu gewährleisten und Gewebsreizungen zu vermeiden.

In schweren Fällen einer massiven Zahnschädigung kann eine Hemisektion notwendig sein, bei der einzelne Wurzeln entfernt werden, der Zahn aber im Kiefer verankert bleibt. 

 

Vorsorge

Es gibt verschiedene Maßnahmen, die Sie gemeinsam mit Ihrem Zahnarzt ergreifen können, um einer möglichen Parodontitis-Erkrankung vorzubeugen:

  • Eigene Zahnhygiene: Eine gründliche Pflege Ihrer Zähne reduziert das Risiko der Ansammlung von Bakterien am Zahnfleischrand und den Zahnoberflächen. Die Verwendung von Zahnseide und Interdentalbürsten hilft, auch die Zahnzwischenräume zu reinigen und die bakterielle Besiedlung einzudämmen. Selbst bei bestehender Parodontitis ist eine sorgfältige Mundhygiene wichtig, um Schäden zu minimieren.
  • Kontrolluntersuchungen: Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt sind essenziell. Frühzeitige Symptome einer Parodontitis werden oft nicht bemerkt. Professionelle Bewertungen helfen, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen.
  • Professionelle Zahnreinigung: Während der Professionellen Zahnreinigung (PZR) werden bakterielle Beläge und Zahnstein entfernt, was das Entzündungsrisiko reduziert. Fluoridgel oder -lack wird aufgetragen. Gesunde Personen sollten zweimal jährlich eine professionelle Reinigung durchführen lassen. Bei Parodontitis-Patienten können individuell kürzere Intervalle empfohlen werden.
  • Rauchverzicht: Nikotin verändert die Mundflora und reduziert die Durchblutung des Zahnfleisches, was das Entzündungsrisiko erhöht. Auf das Rauchen zu verzichten, senkt sowohl die Entstehung als auch das Fortschreiten von Parodontitis.
  • Symptome ernst nehmen: Bei Anzeichen einer Parodontitis sollten Sie eine zahnärztliche Untersuchung in Erwägung ziehen.
  • Gentests: Genetische Tests können feststellen, ob Sie eine Veranlagung für Parodontitis haben.

Nachsorge

Die Nachsorge nach einer Parodontitis-Behandlung ist entscheidend, um den Erfolg der Therapie langfristig zu sichern und den Erhalt der Zähne zu gewährleisten. Hierbei bieten wir die Unterstützende Parodontitis-Therapie (UPT) an, ein wissenschaftlich fundiertes Konzept. Dies umfasst regelmäßige Kontrolltermine, bei denen erneute Entzündungen überprüft, Risikoanalysen durchgeführt, Zahnfleischtaschen gemessen und professionelle Zahnreinigungen durchgeführt werden. Dies hilft, das Fortschreiten einer Parodontitis zu verhindern oder frühzeitig zu erkennen, um entsprechende Maßnahmen einzuleiten. 

Neben der Nachsorge durch die Zahnarztpraxis ist eine gründliche persönliche Zahnhygiene von großer Bedeutung. Damit stellen Sie sicher, dass Ihre Behandlungsergebnisse langfristig stabil bleiben.

Kosten der Parodontitis-Behandlung

Die Kosten für eine Parodontitistherapie für gesetzlich versicherte Patienten werden von den Krankenkassen vollständig übernommen. Auch die anschließende Nachsorge (UPT) wird entsprechend der Schwere der Erkrankung von den Krankenkassen größtenteils finanziell abgedeckt. 

Die Kosten einer Parodontitisbehandlung können je nach Schwere der Erkrankung und der angewandten Therapie-Variante variieren. Eine nicht chirurgische Behandlung, wie die gründliche Reinigung der Zahnfleischtaschen, kann in der Regel 400 bis 1.000 Euro kosten. Chirurgische Eingriffe, wie die gesteuerte Knochenregeneration oder Geweberegeneration, sind in der Regel kostenintensiver und können im Bereich von einigen hundert bis mehreren tausend Euro liegen. Eine genaue Kostenaufstellung sollte individuell mit dem behandelnden Zahnarzt besprochen werden.

Die Krankenkassen übernehmen in der Regel einen Teil der Kosten für die Parodontitis-Behandlung, insbesondere bei nachgewiesener medizinischer Notwendigkeit. Allerdings kann der Versicherungsumfang variieren und hängt von den individuellen Versicherungsbedingungen ab.

ℹ️ HINWEIS: Es ist wichtig zu beachten, dass eine unbehandelte Parodontitis zu ernsthaften Komplikationen führen kann, darunter Zahnverlust. Die Kosten für den Ersatz von verlorenen Zähnen durch Implantate, Brücken oder Prothesen können erheblich höher sein als die einer rechtzeitigen Parodontitis-Behandlung. Daher ist es ratsam, frühzeitig in die Behandlung zu investieren, um langfristig Zahnverlust und höhere Kosten zu vermeiden.